Ein Maniac ist gegangen.
Einer, wie es wirklich wenige gibt. Von wie vielen wird behauptet, sie würden für ihre Mission leben – bei diesem traf es zu. Er hatte eine Leidenschaft, und die war ausschließlich. Sie war nicht das abseitige Hobby eines vom Leben Enttäuschten. Im Gegenteil – er hatte schon eine erfolgreiche Karriere hinter sich, als er sich auf das zu konzentrieren begann, was ihm wirklich wichtig war: die Fotografie und ihre Repräsentation in Buchform – und es wurde seine zweite Erfolgsgeschichte: Über 100 Titel sind in seinem Verlag Peperoni Books erschienen. Da spielte eine fämiliäre Disposition eine große Rolle, denn immerhin war er wie Vater und Bruder gelernter Drucker*. Aber er war eben auch Fotograf und, das ist für die weitere Geschichte wichtig, ein an der Arbeit anderer Fotografen Interessierter.
Sein Leben war in den letzten vierzehn Jahren das Publizieren, ach was, das Kuratieren von Fotobüchern. Was er nicht für richtig und wichtig hielt, hatte in seinem Verlag keine Chance – unabhängig von den Qualitäten, die andere in den ihm angebotenen Projekten sahen.
Hannes hat sich aufgebraucht für dieses Lebensprojekt. Sein Abgang kam nicht aus dem heiteren Himmel; es war ein Finale mit Ansage. Wer einmal seine Fingernägel gesehen hatte, ahnte, dass in diesem Leben kein Platz mehr war für solche Nebensächlichkeiten wie Maniküre, Familie, Muße. Ich habe mich immer gefragt, wie jemand, der dermaßen in Anspruch genommen ist von den Alltäglichkeiten des Buchhandelsgeschäfts – Kassenabrechnung, Postversand, Zollamt, Kundengespräch, Steuererklärung, Reklamationen, Werbung, Messen, dem perfektionistischen Management des Verlages von der inhaltlichen Programmatik bis zur Druckmaschine und – last not least – den Vorträgen und Workshops in aller Welt – immer noch fundiert über jedes der Bücher sprechen konnte, die in seinem Laden lagen. Und er wusste immer mehr, als im Klappentext stand.
Dass Hannes Raubbau mit seiner Gesundheit trieb, sah jeder, der Augen hatte, was man ja gerade bei Fotografen voraussetzen kann. Für sie alle hat er gearbeitet, für ihre, unsere, meine Eitelkeit, in die Geschichte einzugehen mit einem Buch. Hannes ist auch für mich gestorben.
* Berichtigung: Hannes war gelernter Reprofotograf. Dank an Jochen Wanderer für den Hinweis, s. Kommentar vom 13.11.
Lieber Andreas,
danke für den Text! Michael Klein schickte mir eben den Link. Wir überlegen auch gerade, wie wir in Photonews reagieren, morgen um 7 Uhr müssen die Daten für das nächste Heft in den Druck, wahrscheinlich werden wir daher in Ruhe etwas für das Heft November vorbereiten. Ich komme da vielleicht nochmals auf Dich zu.
Herzliche Grüße
Anna
Ich bin dabei! Was kann ich tun?
Ja, Andreas, ich glaube alle die Hannes kannten, können Deine Worte voll und ganz bestätigen. Ich denke dass viele ihn warnten, dass dies nicht so weiter gehen könne mit dem ewigen Stress. Es war ein Schock als ich gestern Abend die Nachricht vernahm. Wir sind alle ein Stück ärmer geworden.
Lieber Andreas,
für Deine Worte, Deinen Nachruf danke ich Dir.
Hannes hat uns unterstützt und Kraft geschenkt. Kraft, die ihm selber wohl zuletzt gefehlt hat.
Lieber Andreas Trogisch,
Amin El Dib machte mich auf Ihren Nachruf aufmerksam: grossartig!
Es gab Vieles, was ich an Hannes geschätzt habe und auch bewundert. Darüber hinaus bin ich manchmal nach einem Treffen mit ihm kopfschüttelnd davon gegangen. Jetzt ist er davon gegangen und ist unersetzbar.
Herzlich, Ihr Hansgert Lambers
Lieber Andreas,
du sprichst mir und vielen anderen die Hannes kannten aus der Seele. Eine kleine Korrektur möchte noch erwähnen, Hannes war kein Drucker sondern ausgebildeter Reprofotograf. Das passt auch besser zu seinen einzigartigen Fähigkeiten der Bildbearbeitung. Auch ich kenne seinen nikotingeschwärzten Bildschirm, visuelle Kontrolle über kalibrierte Ausgabemedien hatte er aber nicht nötig, er wusste einfach was an der Druckmaschine zu erwarten war wenn er uns die Daten für ein neues Fotobuch geliefert hat.
Traurige Grüße, Jochen