Andreas Trogisch stellt die Fotografie auf den Kopf. Seine überwiegend tiefschwarzen Bilder machen nicht nur deutlich, warum die monochrome Fotografie nie ganz aussterben darf, sie offenbaren zudem Erstaunliches. Trogisch rückt das sonst Tiefen und Schatten bildende Schwarz in den Vordergrund seiner Kompositionen. Die Schwarznuancen dominieren, als würden sie aus sich heraus strahlen. Es ist eine melancholische Welt, aus der Trogisch berichtet. Etwas morbide, alltagsfern, verwirrend und beunruhigend zugleich. Meditativ und voll von Energie, die fast jeder verspüren kann.
Und das Thema? Es gibt im eigentlichen Sinn kein Thema, nur die Fotografie selbst. Pur, als Zeugin jener Momente, die man als magisch bezeichnen kann. Angehaltene Zeit in Schwarzweiß, Ausschnitte des Lebens wie aus einer anderen Dimension, Alltägliches ins Surreale transformiert und immer wieder Schatten, die aus einem Urschwarz geespeist werden. Da kommt einem der Begriff «amerikanische Nacht» in den Sinn. Als Stilmittel beim Film werden hierbei Nachtszenen am Tage bei hellem Sonnenschein mit starken Graufiltern gedreht, wodurch der Eindruck nächtlicher Stimmungen simuliert wird. Viele von Trogischs Bildern vermitteln den Eindruck, sich dieser Technik bedient zu haben. Das die jeweiligen Szenen erleuchtende Licht kann von der Sonne wie vom Mond stammen.
Trogisch bleibt in seinem Schaffen konsequent. Bild für Bild sucht und findet er Motive, die sein übriges Œvre ergänzen und erweitern, ohne dabei zu sehr von der markierten Linie abzuweichen. Kritisch betrachtet könnte man auch sagen dass sich der Fotograf immer wieder selbst zitiert. Doch in diesem Fall wirken die verdenen Interpretationen einer Idee keinesfalls langweilig.
Aufmerksame Betrachter werden bei einigen Bildern ein Déjà-vu verspüren. Ja, ein Teil der in diesem Buch präsentierten Bilder wurde bereits 2011 in dem limitierten Mappenwerk «Desiderata» veröffentlicht (s. Photonews 11/2010). Das stört jedoch nicht. Erstens war die Auflage der Mappe klein und damit schnell vergriffen und zweitens kann man sie in diesem neuen Buch in einer gänzlich neuen, beeindruckenden Qualität betrachten. Ohne zu sehr in drucktechnische Details abgleiten zu wollen, ist die Wiedergabe der Bilder unbedingt erwähnenswert, weil diese daduch einen beeindrukende Präsenz erhalten haben. Die Reaktionen der Buchbetrachter sind ziemlich änhlich. Jeder, der das Buch öffnet, bleibt nach einigen Seiten hängen und streicht andächtig über die Druckseiten, um sie auch haptisch zu erfassen.
Hervorragende Zeichnung in den Lichtern und Schatten, einladende Haptik der ungestrichenen Papiers – als wären die Seiten in Kupfertiefdruck gedruckt. Dabei handelt es sich um 5-Farben-Digitaldruck, was man kaum vermuten würde. Eine spezielle Separation der Bildvorlagen und die durch Proben ermittelte Fixierung mit einem «Matt Fuser» bewirken, dass die Bilder absolut matt wiedergegeben werden, ohne dass dabei die Tonigkeit, wie sonst oft, leiden würde. Im Gegenteil, die brillianten Drucke springen einem buchstäblich ins Auge. Ein überzeugender Beleg dafür, was heute mit Digitaldruck alles möglich ist. Trogischs sehnswerte Fotografien gepaart mit dem bemerkenswerten Druck ergeben am Ende ein anregendes Fotobuch, das aus der Vielzahl der Neupublikationen eindeutig herausragt.
Denis Brudna in: Photonews, Heft 09/2014