… muss ich, weil ich einen wichtigen Aspekt der Debatte um die Manipulationen – oder einfach Bearbeitungen – der Fotos von Steve McCurry in meinem letzten Post falsch verstanden habe.
Mein Vorschlag fügt einem seiner Bilder etwas hinzu, macht es also voller, reicher, widersprüchlicher und überraschender. Was McCurry aber macht, ist Bildelemente zu entfernen, die ihm störend oder ablenkend vorkommen.
Wunderbar über diesen Vorgang spricht der Artikel «A Too-Perfect Picture», der besonders die inhaltliche Verflachung des Resultats im Kontrast zu Fotografen wie z.B. Raghubir Singh diskutiert. Ungewolltes aus Bildern zu entfernen ist im Grunde nur die Weiterführung des subtraktiven Verfahrens, das ja die Fotografie ist: das Ausschneiden einer Szene aus der Gesamtheit des Gesehenen, das Abziehen der Räumlichkeit, die Verengung der Helligkeit auf die Grenzen des technisch Wiedergebbaren – eigentlich alles nur ein Management von Informationsverlusten. Interessant ist die Frage der Zulässigkeit nur innerhalb eines bestimmten Kontextes, nämlich dem von McCurrys ungeklärter Position zwischen Journalismus und Kunst, oder allgemeiner: zwischen Dokumentation und Fiktion. Diese Position scheint gerade neu definiert zu werden.
Die Welt ist viel interessanter als Meinungen über die Welt – leider weiß ich nicht mehr, wer das letztens gesagt hat. McCurry stellt seine Bildbearbeitungen in den Dienst der Illustration seiner Meinung über die Wirklichkeit (und, vielleicht noch schlimmer, in den der Bestätigung der Vorstellungen seiner vielen Fans). Das ist sein gutes Recht als Künstler, auch als Fotokünstler. Was er aber dabei verliert, ist das ungeheure Potenzial, das im Medium Fotografie liegt, und das besteht darin, von der Welt mehr zu erfahren, als wir vorher wussten.